Natur - das Wort heißt "geboren", vom Wortstamm "nascere" im Lateinischen. Ein Akt, der geschieht, und keiner, der von uns Menschen gemacht werden kann. Genauso "geschieht" wachsen, gedeihen, blühen, verwandeln, sterben - und der Kreislauf beginnt in seiner Großartigkeit wieder und wieder.

 

Noch bevor der Mensch auf diesem Planeten sich "die Erde untertan" gemacht hatte, war sie und wird auch sein, wenn die Ära Mensch in der Millionen Jahre alten Erdggeschichte wie ein vergangener Windhauch vorüber ist.

 

Die Natur - ein unendlich verwobener, kommunizierender Organismus, in dem Klein- und Großkreisläufe ineinander fließen und und sich gegenseitig nähren. Bäume beschatten Flüsse - und im Gegenzug nährt der Fluss die Bäume. Die Blume spendet der Biene ihre Pollen, und im Gegenzug trägt sie die Biene weiter. Beeren sind beliebte Speise für die Vögel, und zum Dank dafür tragen sie die Samen übers Land.

 

Flüsse nähren Fische, Wälder und Auen, in denen Käfer krabbeln, Igel schlafen, Füchse jagen, Rehe springen, Vögel singen, Moose blühen, Schnecken kriechen, Hasen hüpfen, Küken schlüpfen, Spechte knattern, Schmetterlinge flattern, Bienen schwärmen, Frösche lärmen, Blumen sprießen - ohne gießen, bunt und wunderbar ist die Natur Jahr für Jahr.

 

Eine Meer an Gerüchen bringt sie hervor, mit denen die Lebewesen sich gegenseitig Signale senden, und Düfte unsere Nasen mit feinem Odeur umspielen, eine Welt von Klängen tut sich auf, sobald man anfängt, der Natur zuzuhören. Sei es das Rauschen eines Waldes, das Gegluckse eines Baches, oder die vielfältigen Vogelgesänge am Morgen und am Abend. Die Sinne werden wach, sobald man sich anfängt darauf einzulassen.

 

Leben nährt Leben, und gebiert weiteres Leben. Auch im Sterben entsteht neues Leben. Faszinierend.

 

 

 

Konkurrenz - wie von Menschen als regierendes System postuliert - ist destruktive Kooperation. Der eine zerstört bzw. frisst das, was ein anderer Systemteilnehmer aufgebaut hat, um alleine eine Energieform zu absorbieren, z.B. die Wasserkraft für die Elektrizitätsgewinnung.  Der Mensch reguliert Flüsse zu Tode, um für sich alleine die Wasserkraft zu "gewinnen", die Erde und alle durch den Fluss genährte Lebewesen verenden, aber alle Straßenzüge sind Tag und Nacht beleuchtet, alle Haushalte sind Tag und Nacht an Strom angeschlossen. Die Natur verzweigt die Lebensströme in immer feinere Verästelungen, und nährt die in ihr lebenden Organismen, die unter den gegebenen Bedingungen stabil existieren können, und nicht nur einen ausgewählten Teil, während der andere verhungert. Das "Fressen und gefressen werden" - wie aus menschlicher Sicht benannt - ist ein Aspekt des sich gegenseitig Nährens. Würde es so funktionieren, wie Mensch das Zusammenleben organisiert, hätten wir ein paar wenige "fette Schweine", und der Rest der Natur darbt. Beobachten wir das? Nein. Und, für jeden "Abfall" gibt es in der Natur einen "Fresser". Absterbende Bäume sind Insektenhotels, "Wasserleichen" werden Tümpel, in dem allerlei Getier kreucht und fleucht, auf verendete Tiere freuen sich Aasgeier und Ratten, Verwelktes wird von einem Heer von Bakterien zerlegt und zu fruchtbarer Erde umgebaut. Kreislaufwirtschaft würde der Mensch dazu sagen, wobei die Natur darüber bestimmt nicht so viel nachdenkt, sondern einfach ist und tut.

 

Auch kommt kein Fisch auf die Idee, seine Beute selbst auszurotten, sie "fischen" ihre eigenen "Jagdreviere" nie leer. Fische und andere Tierarten achten solche Zusammenhänge, nur die "Krone der Schöpfung" benimmt sich wie eine Raupe Nimmersatt. Bei Tieren würde man sagen: "Dann sterben sie halt aus, wenn sie so blöd, so gierig sind, nie genug haben, und ihre Beute ausrotten." Und beim Menschen?

 

"Es mag lange gedauert haben, ehe die Menschen darauf dachten, die
mannigfachen Gegenstände ihrer Sinne mit einem gemeinschaftlichen Namen zu
bezeichnen und sich entgegen zu setzen." (Novalis, Die Lehrlinge zu Sais, 1798/99)